Das Analogieverbot des Strafrechts untersagt die entsprechende Anwendung einer Norm auf einen ähnlichen Fall zu Ungunsten des Täters.
Erklärung
Nach dem Analogieverbot darf eine Norm nicht zu Ungunsten des Täters auf einen Fall angewendet werden, der zwar ähnlich, aber gesetzlich nicht geregelt ist. Das Analogieverbot untersagt das Ausfüllen von Strafbarkeitslücken durch den Rechtsanwender. Es folgt aus Art. 103 Abs. 2 GG. Es gilt für die Rechtsprechung und hat dort die gleiche Wirkung wie das Bestimmtheitsgebot für den Gesetzgeber.
Eine verbotene Analogie beginnt dort, wo der mögliche Wortsinn eines Gesetzes überschritten wird. Ob diese Strafbarkeitslücke beabsichtigt oder unbeabsichtigt ist, spielt dann keine Rolle.
Für den Rechtsanwender ist dabei entscheidend, diese Grenze aus der Sicht des Normadressaten zu bestimmen.
Eine den Täter begünstigende analoge Auslegung einer Norm ist jedoch erlaubt.
Das genaue Gegenteil eines Analogieverbots, ein Analogie-Gebot, war in § 2 Satz 2 des StGB aus dem Jahre 1935 verankert: Findet auf die Tat kein bestimmtes Strafgesetz unmittelbar Anwendung, so wird die Tat nach dem Gesetz bestraft, dessen Grundgedanke auf sie am besten zutrifft.
Aus der klassischen Entscheidung des Reichsgerichts zum Stromdiebstahl Vor allem ist im Auge zu behalten, daß dem Strafrichter nicht in gleichem Maße, wie es im Gebiete des bürgerlichen Rechtes angeht, ermöglicht ist, bestehende Rechtsnormen auch auf neue Gestaltungen der Lebensverhältnisse im Wege der Gesetzes- oder Rechtsanalogie anzupassen und der fortschreitenden Entwicklung des modernen Verkehres in gleichem Schritte mit der sinngemäßen Anwendung des Gesetzes zu folgen. Wenn auch im Strafrechte eine erweiternde Auslegung und selbst eine analoge Anwendung gesetzlicher Bestimmungen nicht absolut ausgeschlossen ist, so ist doch nach dem Grundsatze unseres Strafgesetzes und der positiven Vorschrift in § 2 Abs. 1 R.St.G.B.'s die Analogie auf diesem Gebiete insofern unstatthaft, als dieselbe nie dazu führen kann, eine bestehende Lücke des Gesetzes auszufüllen, um eine Handlung unter Strafe zu stellen, für welche im Gesetze diese Strafe nicht bestimmt ist. RG, 1. Mai 1899 - Rep. 739/99
FAQ
Was besagt das Analogieverbot im Strafrecht?Dieser Grundsatz gilt, wenn eine zu beurteilende Handlung nur bei analoger Anwendung eines Tatbestands strafbar wäre. Eine entsprechende Anwendung zu Ungunsten des Täters ist verboten.
Worauf basiert das Analogieverbot?Das Analogieverbot folgt aus dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG): Die Strafbarkeit einer Handlung muss gesetzlich bestimmt sein.
→ Crashkurs Grundsätze des Strafrechts
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→ Siegfried Schwab: Verstoß gegen das strafrechtliche Analogieverbot (2009) | Amazon #Anzeige
→ Sang-Don Yi: Wortlautgrenze, Intersubjektivität und Kontexteinbettung · Das strafrechtliche Analogieverbot (1992) | Amazon #Anzeige
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