Dolus directus I (direkter Vorsatz ersten Grades) bedeutet zielgerichtetes Wollen. Dem Täter kommt es auf den tatbestandlichen Erfolg an.
Erklärung
Der Täter handelt mit dolus directus I (direkter Vorsatz ersten Grades, Absicht), wenn es ihm bei seinem Handeln gerade auf die Verwirklichung des tatbestandlichen Erfolgs ankommt. Er handelt mit zielgerichtetem Willen.
Das voluntative Element (der Wille) ist beim dolus directus I so dominant, dass es auf die subjektive Einschätzung der Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts nicht ankommt, um ein vorsätzliches Tun zu begründen. Es reicht sogar aus, dass der Täter den Erfolg für praktisch unwahrscheinlich hält.
Wenn die Tatbestandsverwirklichung notwendiges Zwischenziel für einen anderen Erfolg ist, liegt auch dann direkter Vorsatz 1. Grades vor, wenn dem Täter dies nicht als wünschenswert erscheint. Der angestrebte Erfolg muss nicht notwendigerweise die Motivation des Täters sein.
Ist die Tatbestandsverwirklichung dagegen eine sichere Begleiterscheinung, die für den Erfolgseintritt nicht kausal ist, liegt in der Regel nur dolus directus II vor.
BGH: Doppelverwertungsverbot bei direktem Tötungsvorsatz? Es verstößt in der Regel gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB, wenn der Umstand, dass der Angeklagte mit direktem Tötungsvorsatz gehandelt hat, als solcher straferschwerend verwertet wird, weil damit nur der Normalfall des § 212 StGB gekennzeichnet wird. Dies gilt jedoch nicht, wenn der Täter absichtlich einen Menschen tötet, er also nicht nur um den Todeseintritt sicher weiß, sondern es ihm vielmehr darauf ankommt. BGH 2 StR 61/12
→ Prüfungsschema Vorsätzliches Begehungsdelikt
→ Crashkurs Vorsätzliches Begehungsdelikt
→ BGH 2 StR 61/12: Doppelverwertungsverbot und Strafschärfung beim Totschlag, wenn der Täter mit direktem Vorsatz im Sinne von Absicht handelt. → BGH 2 StR 435/08: Ein direkter Vorsatz allein belegt die besondere Schwere der Schuld iSv. § 57a StGB nicht