Bei Verhaltensweisen, die einem erlaubten Risiko entsprechen, wird ein eventueller Tatbestandserfolg nicht objektiv zugerechnet.
Erklärung
In den Bereich des erlaubten Risikos fallen Handlungen, die unter das allgemeine Lebensrisiko fallen. Bestimmte Verhaltensweisen sieht die Rechtsordnung trotz ihrer generellen Gefährlichkeit als sozial nützlich an. Somit gelten diese Gefahren
Beispiel: T will O töten. Er überredet O, mit dem Auto eine längere Fahrt zu unternehmen. T hofft dabei, dass O – trotz ordnungsgemäßer Teilnahme am Straßenverkehr – in einen Unfall verwickelt wird und stirbt, was auch passiert.
Rechtsfolge: T ist nicht strafbar. Die Tat ist ihm objektiv nicht zurechenbar.
Zum erlaubten Risiko gehören auch Verhaltensweisen, die eine Gefahr für einen Erfolgseintritt nicht oder nur ganz unwesentlich erhöhen.
Die Strafbarkeit notwendig gefährlicher Handlungen Seit der Mensch auf die Jagd geht, Werkzeuge herstellt, besteht das Problem der Strafbarkeit oder Straflosigkeit an sich gebilligter, notwendig gefährlicher Handlungen, aus denen unerwünschte Erfolge erwachsen. […] Trotz der großen Faszination […] und der daraus folgenden intensiven Bearbeitung dieses Problemkreises bereits zu Beginn dieses Jahrhunderts ist es nicht gelungen, auch nur eine grundsätzliche Einigung darüber zu erzielen, ob das erlaubte Risiko überhaupt ein dogmatisches Rechtsinstitut mit eigenständiger Bedeutung ist. Wilhelm Preuß
Erlaubtes Risiko als Grenze der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit Auch zeigen die in Artikel 1 Abs. 1 GG garantierte Menschenwürde sowie das Rechtsstaatsprinzip (Artikel 20 Abs. 3 GG, Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG), dass nur schuldige Täter bestraft werden dürfen. Um dies sicherzustellen, bedarf es einer verfassungskonformen Auslegung der Fahrlässigkeitstatbestände. Danach ist die Grenze zur Fahrlässigkeitsstrafbarkeit erst als überschritten anzusehen, wenn der Täter den Bereich des noch Erlaubten (das sogenannte 'erlaubte Risiko') offensichtlich und rücksichtslos überschritten hat. Ellen Schlüchter
→ Prüfungsschema Mutmaßliche rechtfertigende Einwilligung
→ Prüfungsschema Fahrlässigkeit
→ Crashkurs Fahrlässigkeit
→ Wilhelm Preuß: Untersuchungen zum erlaubten Risiko im Strafrecht (PDF) → BGH 1 StR 280/99: Kreditbewilligung und erlaubtes Risiko im Zusammenhang mit Untreue (§ 266 StGB) → Cerny/Makepeace: Coronavirus und objektive Zurechnung → Jasmin Hain: Was ist ein erlaubtes Risiko? (2019) | Amazon #Anzeige
→ Jonas Bässe: Untreue durch Risikogeschäfte: Im Spannungsfeld von erlaubtem unternehmerischen Risiko und kriminellem Umgang mit Fremdvermögen (2010) | Amazon #Anzeige
→ Wilhelm Preuß: Untersuchungen zum erlaubten Risiko im Strafrecht (1974) | Amazon #Anzeige