Definition
Nach der Ernstnahmetheorie handelt ein Täter mit bedingtem Vorsatz, wenn er den Eintritt des Erfolgs ernstnimmt und trotzdem handelt.
Erklärung
Die Ernstnahmetheorie ist eine in der Literatur häufig vertretene Definition des bedingten Vorsatzes . Demnach handelt ein Täter mit Eventualvorsatz, wenn er den möglichen Erfolg ernst nimmt und sich um des angestrebten Ziels willen damit abfindet.
Die von der Rechtsprechung vertretene Billigungstheorie unterscheidet sich in der Begründung und den Ergebnissen kaum von der Ernstnahmetheorie. Durch das Element des Billigens wird der emotionale Aspekt jedoch noch stärker als bei der Ernstnahmetheorie betont.
Nach der objektivierten Ernstnahmetheorie liegt Vorsatz vor, wenn der Täter einen ernstzunehmenden Erfolg erkennt . Diese Spielart der Ernstnahmetheorie kommt der Risikotheorie und der Wahrscheinlichkeitstheorie sehr nahe.
Ernstnahmetheorie = Billigungstheorie? Rechtsprechung und h.L. vertreten die Billigungs- bzw. Ernstnahmetheorie. Beide Theorien decken sich sowohl in ihren praktischen Ergebnissen als auch in ihren theoretischen Voraussetzungen. Die Unterschiede erschöpfen sich lediglich in terminologischen Details. Es ist daher wissenschaftlich wünschenswert, sie zu einer Theorie zu vereinheitlichen, und klausurpraktisch ratsam, sie als eine Theorie darzustellen. Vavra/Holznagel
FAQ
Was ist die Ernstnahmetheorie?
Die Ernstnahmetheorie ist eine Theorie für die Beschreibung des bedingten Vorsatzes . Wenn der Täter einen tatbestandlichen Erfolg ernst nimmt und sich mit der Möglichkeit der Realisierung des Erfolgs durch sein Verhalten abfindet, liegt Eventualvorsatz vor.
Wie grenzt die Ernstnahmetheorie Vorsatz und Fahrlässigkeit ab?
Die Grenze des Eventualvorsatzes zur bewussten Fahrlässigkeit bestimmt sich danach, ob der Täter ernsthaft darauf vertraut , dass der Erfolg nicht eintritt. Tut er dies, liegt bewusste Fahrlässigkeit vor.
Was ist die objektivierte Ernstnahmetheorie?
Die objektivierte Ernstnahmetheorie lässt es für den bedingten Vorsatz ausreichen, dass der Täter eine objektiv ernstzunehmende Gefahr erkennt.
Gehört die Ernstnahmetheorie zu den kognitiven oder voluntativen Eventualvorsatz-Theorien?
Die Ernstnahmetheorie setzt ein emotionales Element (das Sich-Abfinden mit dem Erfolg) voraus und ist deshalb eine voluntative Theorie. In der objektivierten Variante gehört die Ernstnahmetheorie allerdings zu den kognitiven Eventualvorsatz -Theorien.
A bis Z
aberratio ictus
Absicht
Absorptionsprinzip
Abstiftung
Abstraktes Gefährdungsdelikt
actio libera in causa
Adäquanztheorie
Agent Provocateur
Aggressivnotstand
Alleintäter
Allgemeindelikt
Analogieverbot
Anstiftung
Antizipierte Notwehr
Äquivalenztheorie
Asthenischer Affekt
Aufbau der Straftat
Aufstiftung
Auslegungsmethoden
Bedingter Vorsatz
Beendeter Versuch
Beendigung
Beihilfe
Beschützergarant
Besondere persönliche Merkmale
Besondere Vorsatzformen
Bestimmtheitsgrundsatz
Beteiligung
Bewusste Fahrlässigkeit
Billigungstheorie
Dauerdelikt
Defensivnotstand
Deliktsformen
Deskriptive Tatbestandsmerkmale
dolus alternativus
dolus antecedens
dolus directus I
dolus directus II
dolus generalis
dolus subsequens
Echte Konkurrenz
Echtes Unterlassungsdelikt
Eigenhändiges Delikt
Eingeschränkte Schuldtheorie
Einverständnis
Entschuldigender Notstand
Entschuldigungsgründe
Entschuldigungsirrtum
Entschuldigungstatbestandsirrtum
Entsprechungsklausel
Erfolg
Erfolgsdelikt
Erfolgskupiertes Delikt
Erfolgsqualifiziertes Delikt
Erlaubnisirrtum
Erlaubnistatbestandsirrtum
Erlaubtes Risiko
Ernstnahmetheorie
error in obiecto
Erst-recht-Schluss
Extensiver Notwehrexzess
Fahrlässigkeit
Fahrlässige Mittäterschaft
Fahrlässige Teilnahme
Fehlgeschlagener Versuch
Festnahmerecht
Finale Handlungslehre
Fortsetzungszusammenhang
Garantenstellung
Gefährdungsdelikt
Gesamtstrafe
Gesetzlichkeitsprinzip
Gleichgültigkeitstheorie
Grade der Fahrlässigkeit
Grammatische Auslegung
Grundsätze
Grundtatbestand
Handlung
Handlungseinheit
Handlungsmehrheit
Haupttat
Historische Auslegung
Idealkonkurrenz
Indizwirkung des Tatbestands
in dubio pro reo
Ingerenz
Irrtum
Irrtum über den Sachverhalt
Irrtum über die rechtliche Bewertung
Kausale Handlungslehre
Kausalität
Kausalität der Beihilfe
Konkretes Gefährdungsdelikt
Konkurrenzen
Konsumtion
Leichtfertigkeit
Limitierte Akzessorietät
Mitbestrafte Nachtat
Mitbestrafte Vortat
Mittäterschaft
Mittelbare Täterschaft
Möglichkeitstheorie
Mutmaßliche Einwilligung
Natürliche Handlung
Natürliche Handlungseinheit
Nebentäter
Negative Tatbestandsmerkmale
Neutrale Beihilfe
Normative Tatbestandsmerkmale
Nothilfe
Notwehr
Notwehrexzess
Notwehrprovokation
Notwendige Teilnahme
Objektive Bedingungen der Strafbarkeit
Objektiver Tatbestand
Objektive Sorgfaltspflichtverletzung
Objektive Zurechnung
omnimodo facturus
Parallelwertung in der Laiensphäre
Pflichtwidrigkeitszusammenhang
Postpendenz
Potenzielles Gefährdungsdelikt
Potenzielles Unrechtsbewusstsein
Präpendenz
Präventivnotwehr
Privilegierung
Psychische Beihilfe
Putativnotwehr
Qualifikation
Realkonkurrenz
Rechtfertigende Einwilligung
Rechtfertigende Pflichtenkollision
Rechtfertigender Notstand
Rechtfertigungsgründe
Rechtmäßiges Alternativverhalten
Rechtswidrigkeit
Regelbeispiel
Risikotheorie
Risikoverringerung
Rücktritt vom Versuch
Rückwirkungsverbot
Sachverhalt
Schuld
Schuldfähigkeit
Schutzzweck der Norm
Simultanitätsprinzip
Sonderdelikt
Soziale Handlungslehre
Spezialität
Strafaufhebungsgrund
Strafausschließungsgrund
Strenge Schuldtheorie
Subjektiver Tatbestand
Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung
Subjektives Rechtfertigungselement
Subsidiarität
Subsumtion
Subsumtionsirrtum
Systematische Auslegung
Täter hinter dem Täter
Täterschaft
Tätigkeitsdelikt
Tatbestand
Tatbestandliche Handlungseinheit
Tatbestandsirrtum
Tatentschluss
Tatherrschaft
Teilnahme
Teleologische Auslegung
Teleologische Reduktion
Übergesetzlicher entschuldigender Notstand
Übernahmefahrlässigkeit
Überschießende Innentendenz
Überwachungsgarant
Umstiftung
Unbeendeter Versuch
Unbewusste Fahrlässigkeit
Unechte Konkurrenz
Unechtes Unterlassungsdelikt
Unmittelbares Ansetzen
Untauglicher Versuch
Unterlassungsdelikt
Unternehmensdelikt
Unvereinbarkeitstheorie
Unzumutbarkeit normgemäßen Verhaltens
Verbotsirrtum
Verbrechen und Vergehen
Verhaltensgebundenes Delikt
Verjährung
Verklammerung
Verletzungsdelikt
Versuch
Vertrauensgrundsatz
Vollendung
Vorbereitung
Vorsatz
Wahlfeststellung
Wahndelikt
Wahrscheinlichkeitstheorie
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Links
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→ Senatsverwaltung Stadtentwicklung Berlin : Beispiel für eine offizielle Definition des bedingten Vorsatzes (2b) (PDF)