Der Grundsatz der limitierten Akzessorietät macht die Teilnahme vom Vorliegen einer (nicht notwendig schuldhaften) Tat abhängig.
Erklärung
Die limitierte Akzessorietät stellt klar, dass die Strafbarkeit des Teilnehmers von dem Vorliegen einer Haupttat abhängt (Akzessorietät). Diese Abhängigkeit ist jedoch begrenzt (limitiert): Der Haupttäter selbst muss nicht schuldhaft handeln. Für die Strafbarkeit des Teilnehmers reicht es aus, dass der Haupttäter einen Tatbestand erfüllt und dabei zumindest rechtswidrig handelt (§ 29 StGB).
Beispiel: Laura gibt der schuldunfähigen Lena eine Leiter, damit diese einen Wohnungseinbruch begehen kann.
Beispiel: Johann und Katharina verstecken Lena vor den Strafverfolgungsbehörden. Johann ist Lenas Vater, Katharina ist die Freundin von Johann. Für Johann gilt die Strafbefreiung des § 258 Abs. 6 StGB, für Katharina nicht (§ 28 Abs. 2 StGB).
§ 28 StGB: Besondere persönliche Merkmale (1) Fehlen besondere persönliche Merkmale (§ 14 Abs. 1), welche die Strafbarkeit des Täters begründen, beim Teilnehmer (Anstifter oder Gehilfe), so ist dessen Strafe nach § 49 Abs. 1 zu mildern. (2) Bestimmt das Gesetz, dass besondere persönliche Merkmale die Strafe schärfen, mildern oder ausschließen, so gilt das nur für den Beteiligten (Täter oder Teilnehmer), bei dem sie vorliegen.
§ 29 StGB: Selbstständige Strafbarkeit des Beteiligten Jeder Beteiligte wird ohne Rücksicht auf die Schuld des anderen nach seiner Schuld bestraft.
Vernünftig und gerecht Das Prinzip der limitierten Akzessorietät besagt kurz gefasst: Das Unrecht ist den Beteiligten gemeinsam, die Schuld ist individuell. Dieses Prinzip folgt nicht nur aus §§ 26, 27 einerseits, §§ 28, 29 andererseits, also aus dem positiven Recht, es erscheint auch vernünftig und gerecht. Eine Interpretation der einzelnen Tatbestände und ihrer besonderen persönlichen Merkmale gemäß diesem Prinzip hat, wenn der Wortlaut der einzelnen Tatbestände sie denn zulässt, sowohl die Grundsätze des Allgemeinen Teils des StGB als auch die der Vernunft auf ihrer Seite. Ingeborg Puppe
→ Prüfungsschema Täterschaft/Teilnahme
→ Crashkurs Täterschaft und Teilnahme
→ Ingeborg Puppe: Jedem nach seiner Schuld – die Akzessorietät und ihre Limitierung (PDF) → Alexander Bechtel: Schuldausschließungsgründe bei Täterschaft und Teilnahme (2019) | Amazon #Anzeige