Die Möglichkeitstheorie definiert den bedingten Vorsatz allein nach der Einschätzung des Täters, ob der Taterfolg möglich ist oder nicht. Wie der Täter zum Erfolg steht (ob er ihn zum Beispiel billigt), ist irrelevant. Das kognitive Element der Tätervorstellung reicht aus.
Auch fernliegende Erfolge führen bei dieser Theorie zu einer Bestrafung wegen einer vorsätzlichen Tat, wenn sich der Täter nicht nur irgendwie
, sondern konkret die Möglichkeit des Erfolgseintritts als Folge seines Verhaltens vorstellt. Das gilt letztlich auch für einen Täter, der nach den Gesetzen der Wahrscheinlichkeit gute Gründe hat, auf den Nichteintritt des Erfolgs zu vertrauen.
Irreführende Bezeichnung?Die Bezeichnung 'Möglichkeitstheorie' hat sich zwar eingebürgert, ist aber wenig sachdienlich oder sogar irreführend, da die Vorstellung, der Erfolgseintritt sei 'irgendwie' (abstrakt) möglich, keinesfalls für Vorsatz ausreicht. Die Vorstellung muss sich vielmehr auf einen konkretisierten Kausalverlauf beziehen, dessen Realisierung aufgrund der Tatumstände in Betracht kommt.
Urs Kindhäuser
Strafrecht Definitionen > Tatbestand > Subjektiver Tatbestand > Vorsatz > Bedingter Vorsatz > Möglichkeitstheorie | Wahrscheinlichkeitstheorie | Billigungstheorie | Ernstnahmetheorie | Gleichgültigkeitstheorie | Risikotheorie
Was besagt die Möglichkeitstheorie (Strafrecht)?
Was ist der Hauptkritikpunkt an der Möglichkeitstheorie?
Ist die Möglichkeitstheorie eine voluntative oder kognitive Theorie?
Bedingter Vorsatz | Wahrscheinlichkeitstheorie | Bewusste Fahrlässigkeit
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