Normative Tatbestandsmerkmale sind Tatbestandselemente , die nur rechtlich gedeutet werden können.
Erklärung
Normative Tatbestandsmerkmale sind Elemente des Tatbestands, die nur aufgrund einer rechtlichen oder sittlichen Bewertung verstanden werden können (Beispiel: Fremdheit einer Sache bei § 242 StGB).
Bei normativen Tatbestandsmerkmalen spielt oft die Parallelwertung in der Laiensphäre eine Rolle. Für die Annahme vorsätzlichen Handelns reicht im Gegensatz zu deskriptiven Tatbestandsmerkmalen die bloße Kenntnis der Tatsachen nicht aus. Vielmehr muss der Täter auch die rechtliche Bedeutung der Umstände im Wesentlichen nachvollziehen.
Die Abgrenzung zwischen normativen und deskriptiven Merkmalen ist nicht immer eindeutig. So fließen auch in die Bewertung von an sich deskriptiven Merkmalen oft normative Wertungen ein. Beispiel: Zu welchem Zeitpunkt beginnt die Menschwerdung bei der Geburt im Sinne der Abgrenzung zwischen § 218 StGB und §§ 211 ff. StGB?
BGH: Vorsatz und normative Tatbestandsmerkmale [Bei den betreffenden Merkmalen von § 266a StGB und § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO] handelt es sich in beiden Fällen um normative Tatbestandsmerkmale, hinsichtlich derer die bloße Kenntnis der ihnen zugrundeliegenden Tatsachen nicht genügt, um vorsätzliches Verhalten zu begründen. Vielmehr muss der Täter die für die Unrechtsbegründung wesentliche Bedeutung der maßgeblichen Tatumstände zutreffend erfasst und die rechtliche Wertung nachvollzogen haben. BGH 1 StR 346/18
→ Crashkurs Irrtum
→ BGH 1 StR 346/18: Nachvollziehen der Wertungen des Arbeits- und Sozialversicherungsrechts und der Arbeitgeberstellung bei § 266a StGB → Konstantina Papathanasiou: Irrtum über normative Tatbestandsmerkmale (2014) | Amazon #Anzeige