Putativnotwehr bezeichnet eine Situation, in der eine vorsätzlich handelnde Person irrigerweise von einer Notwehrlage (§ 32 StGB) ausgeht (lat. putare = meinen, glauben). Putativnotwehr ist eine besondere Form des Erlaubnistatbestandsirrtums für den speziellen Rechtfertigungsgrund der Notwehr. Die Behandlung des Erlaubnistatbestandsirrtums ist umstritten:
Beispiel: Lena schießt auf eine plötzlich aus dem Dunkeln auf sie zukommende Person. Lena hält diese für eine Räuberin. In Wirklichkeit ist es ihre Freundin Laura, die sie begrüßen wollte.
Bei einem Irrtum über die rechtlichen Grenzen des Notwehrrechts liegt unter Umständen ein Erlaubnisirrtum vor.
Ein Putativnotwehrexzess ist nach hM jedoch unbeachtlich. Denn die Entschuldigung des § 33 StGB (Notwehrexzess) fordert das Bestehen einer tatsächlichen Notwehrlage. Wenn schon das Überschreiten der zeitlichen Grenzen der Notwehr (extensiver Notwehrexzess) keine entschuldigende Wirkung hat, kann dies erst recht nicht bei einer Notwehrlage der Fall sein, die niemals bestanden hat.
→ FAQ: Putativnotwehr
→ Video: Putativnotwehr in 52 Sekunden
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Ist Putativnotwehr Notwehr im Sinne von § 32 StGB?
Was ist die Rechtsfolge einer Putativnotwehr?
Ist ein Putativnotwehrexzess ein Entschuldigungsgrund?
▸ Definition · Irrig angenommene Notwehrlage
▸ Beispiel · Angriff aus dem Dunkeln
▸ Rechtsnatur · Besondere Form des Erlaubnistatbestandsirrtums
Erlaubnistatbestandsirrtum | Notwehr | Notwehrexzess | Extensiver Notwehrexzess
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