Bei den Fällen des rechtmäßigen Alternativverhaltens geht es um die Problematik des Zusammenhangs zwischen Sorgfaltsverstoß und Erfolg bei Fahrlässigkeitsdelikten. Der Täter verstößt gegen eine Sorgfaltspflicht und verletzt ein Rechtsgut. Dieser Erfolg wäre aber auch bei einem rechtmäßigen Verhalten eingetreten.
Beispiel: T fährt zu schnell und überfährt die betrunkene O. Hätte T die Mindestgeschwindigkeit eingehalten, wäre O mit Sicherheit ebenfalls gestorben. Hierzu werden drei Theorien vertreten:
- Die Pflichtwidrigkeitstheorie wendet konsequent den in dubio pro reo-Grundsatz an. Wenn konkrete Umstände darauf hindeuten, dass der Erfolg auch bei pflichtgemäßen Verhalten eingetreten wäre (er also nicht vermeidbar war), liegt nach dieser Auffassung keine Fahrlässigkeit vor.
- Die Risikoerhöhungslehre überträgt dagegen dem Täter die Beweislast dafür, dass der Erfolg auch bei sorgfaltsgemäßem Verhalten eingetreten wäre. Es genüge, dass das rechtswidrige Verhalten die Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts erhöht habe.
- Die reine Kausalitätstheorie lässt bei Fällen des rechtmäßigen Alternativverhaltens keine Ausnahmen zu. Wenn ein objektiver Sorgfaltsverstoß vorliegt, sei immer auch der Pflichtwidrigkeitszusammenhang gegeben.
→ FAQ: Rechtmäßiges Alternativverhalten
Strafrecht Definitionen > Fahrlässigkeit > Pflichtwidrigkeitszusammenhang > Rechtmäßiges Alternativverhalten | Schutzzweck der Norm
FAQ
Um welche Fälle geht es bei der Problematik des rechtmäßigen Alternativverhaltens?
Um Fahrlässigkeitsdelikte, bei denen der Erfolg auch dann eingetreten wäre, wenn sich der Täter pflichtgemäß verhalten hätte.
Welche drei Theorien werden in den Fällen des rechtmäßigen Alternativverhaltens vertreten?
Pflichtwidrigkeitstheorie (konsequente Anwendung des Grundsatzes in dubio pro reo, also Straflosigkeit), Risikoerhöhungslehre (Beweislast für Erfolgseintritt beim Täter), reine Kausalitätstheorie (bei jedem Sorgfaltsverstoß liegt ein Pflichtwidrigkeitszusammenhang vor).
Welcher Kritik sieht sich die Risikoerhöhungslehre ausgesetzt?
Dass sie Erfolgsdelikte in Gefährdungsdelikte umdeute.
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Links
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→ Crashkurs Fahrlässigkeit
→ BGHSt 24, 31: Mofa-Fall