Nach der sozialen Handlungslehre zählen nur sozialerhebliche Verhaltensweisen als Handlungen im strafrechtlichen Sinne.
Erklärung
Nach der sozialen Handlungslehre ist eine Handlung im strafrechtlichen Sinne ein vom Willen beherrschtes oder beherrschbares sozialerhebliches Verhalten.
Ein Verhalten ist sozialerheblich, wenn es das Verhältnis eines Menschen zu seiner Umwelt berührt.
Die erstrebten oder unerwünschten Folgen dieses Verhaltens müssen geeignet sein, im sozialen Bereich Gegenstand einer wertbezogenen Beurteilung zu sein.
Die soziale Handlungslehre ist eine Erweiterung der finalen Handlungslehre. Auch bei der sozialen Handlungslehre gehört der Vorsatz in den Tatbestand. Der Unterschied besteht darin, dass die soziale Handlungslehre das Verhalten des Menschen als rein gesellschaftliches Phänomen ansieht. Eine Handlung sei strafrechtlich nur als ein normativ geprägtes Verhalten zur sozialen Außenwelt relevant.
An der sozialen Handlungslehre wird kritisiert, dass sie durch die Berücksichtigung der Sozialerheblichkeit bereits bei der Definition der Handlung die Grenzen zur objektiven Zurechnung eines Kausalverlaufs verschwimmen lasse. Ohne Rückgriff auf den jeweiligen Tatbestand sei eine Definition von Handlungen nicht möglich.
Normativer Schuldbegriff Die Schuld konzentrierte sich danach auf die Frage der Vorwerfbarkeit der Tat, nicht deren Wissen und Wollen (normativer Schuldbegriff). […] Dieses Verständnis datiert in seinen Ursprüngen schon aus der Phase vor dem Finalismus. Die modernen sozialen und personalen Handlungslehren konnten später an diese anknüpfen und den Finalismus verdrängen. Entscheidend war, dass die Handlung als ein menschliches Verhalten verstanden wurde, dem objektiv eine bestimmte soziale Relevanz wertend beigemessen werden kann. Frank Meyer