Nach der strengen Schuldtheorie ist der Erlaubnistatbestandsirrtum ein Verbotsirrtum.
Erklärung
Nach der strengen Schuldtheorie berührt ein Irrtum über die tatsächlichen Voraussetzungen der Rechtswidrigkeit (Erlaubnistatbestandsirrtum) lediglich die Schuld. Begründung: Das Unrechtsbewusstsein fehlt. Der Erlaubnistatbestandsirrtum ist daher ein Verbotsirrtum (§ 17 StGB). Die Theorie differenziert streng zwischen Vorsatz und Unrechtsbewusstsein – daher die Bezeichnung strenge Schuldtheorie.
Der Vorsatz im subjektiven Tatbestand bleibt unberührt.
Bei Vermeidbarkeit des Irrtums kann die Strafe nach § 17 Satz 2 StGB gemildert werden.
An der strengen Schuldtheorie wird insbesondere kritisiert, dass sich der Täter nach seiner Vorstellung von den tatsächlichen Umständen rechtstreu verhält. Er dehne nicht (wie beim Verbotsirrtum) Normen zu seinen Gunsten aus, weil er von der Appellfunktion der Norm nicht berührt werde. Der Erlaubnistatbestandsirrtum sei deshalb eher mit dem Tatbestandsirrtum vergleichbar.
Aufspaltung der Tatsachenzurechnung Diese Lehre stützt sich auf das Argument, dass die Tötung eines Menschen in Notwehr (= gerechtfertigte Tatbestandsverwirklichung) nicht dasselbe sei wie die Tötung einer Mücke (= tatbestandsloses Verhalten). Hierbei wird jedoch übersehen, dass ein von der Rechtsordnung erlaubtes Verhalten unabhängig vom Grund der Erlaubnis kein Unrecht ist. Die strenge Schuldtheorie verwischt die Grenze zwischen der Zurechnung von tatsächlichen Unrechtsvoraussetzungen und der Zurechnung der Bewertung dieser Voraussetzungen, indem sie die Tatsachenzurechnung aufspaltet und teilweise (bzgl. der Rechtfertigungslage) als Wertungsfrage behandelt. Urs Kindhäuser