Beispiel: T überfährt bei Rot eine Ampel und verletzt O. T hilft O nicht, O stirbt. Totschlag durch Unterlassen (§ 212 StGB iVm. § 13 StGB)?
Nach hM muss die Gefahrschaffung pflichtwidrig sein, um die Garantenstellung zu begründen. Ansonsten würde jede Risikosetzung, die an sich nicht strafbar ist, letztlich doch unter Strafe gestellt.
Beispiel: T wehrt sich gegen O in Notwehr und lässt ihn blutend liegen. O stirbt.
Wer aus Ingerenz verpflichtet ist, ist ein Überwachungsgarant. Der Täter hat durch sein vorangegangenes Verhalten eine Gefahr geschaffen. Er ist verantwortlich dafür, dass sich diese Gefahr nicht realisiert.
Keine Garantenstellung des Angegriffenen Wer durch einen rechtswidrigen Angriff eine Selbstgefährdung herbeiführt, kann hierdurch nicht erzwingen, dass der Angegriffene als Garant zu seinem Beschützer wird. Damit ist der Angreifer keineswegs schutzlos gestellt. Der durch § 330c StGB strafbewehrte allgemeine Anspruch auf Hilfeleistung verbleibt ihm ohnehin, weil ein Unglücksfall im Sinne dieser Bestimmung auch dann vorliegt, wenn der Betroffene die Notlage selbst hervorgerufen hat. Den Angegriffenen darüber hinaus mit der Garantenstellung zu belasten, widerspricht dem Sinn des Notwehrrechts. Denn damit wäre der Angreifer stärker geschützt als ein ohne eigene und fremde Schuld Verunglückter. BGH 2 StR 221/70
→ Prüfungsschema Vorsätzliches unechtes Unterlassungsdelikt
→ Crashkurs Unterlassungsdelikte
→ BGHSt 23, 327: Garantenstellung des Angegriffenen → BGHSt 37, 106: Garantenstellung eines Produktherstellers oder Händlers durch Ingerenz → Lara Herbertz: Die Ingerenz · Eine Garantenpflicht aus Gefährdungsunrecht (2020) | Amazon #Anzeige
→ Alexander Paradissis: Unterlassungsstrafbarkeit in sog. Weiterungsfällen · Zugleich ein Beitrag zu Legitimität und Grenzen der Garantenstellung aus Ingerenz (2015) | Amazon #Anzeige