Ingerenz (lat. ingerere, sich einmischen) ist ein Vorverhalten, das eine Garantenstellung für ein unechtes Unterlassungsdelikt begründen kann.
Beispiel: T überfährt bei Rot eine Ampel und verletzt O. T hilft O nicht, O stirbt. Totschlag durch Unterlassen (§ 212 StGB iVm. § 13 StGB)?
Nach hM muss die Gefahrschaffung pflichtwidrig sein, um die Garantenstellung zu begründen. Ansonsten würde jede Risikosetzung, die an sich nicht strafbar ist, letztlich doch unter Strafe gestellt.
Beispiel: T wehrt sich gegen O in Notwehr. Er lässt ihn blutend liegen. O stirbt. Totschlag durch Unterlassen (§ 212 StGB iVm. § 13 StGB)?
Wer aus Ingerenz verpflichtet ist, ist ein Überwachungsgarant. Der Täter hat durch sein vorangegangenes Verhalten eine Gefahr geschaffen. Er ist verantwortlich dafür, dass sich diese Gefahr nicht realisiert.
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Begründen nur pflichtwidrige Handlungen im Vorfeld eine Garantenstellung?
Unechtes Unterlassungsdelikt | Garantenstellung | Überwachungsgarant
→ Prüfungsschema Vorsätzliches unechtes Unterlassungsdelikt
→ Crashkurs Unterlassungsdelikte
→ BGHSt 23, 327: Garantenstellung des Angegriffenen
→ BGHSt 37, 106: Garantenstellung eines Produktherstellers oder Händlers durch Ingerenz
→ Lara Herbertz: Die Ingerenz · Eine Garantenpflicht aus Gefährdungsunrecht (2020) | amazon.de
→ Alexander Paradissis: Unterlassungsstrafbarkeit in sog. Weiterungsfällen · Zugleich ein Beitrag zu Legitimität und Grenzen der Garantenstellung aus Ingerenz (2015) | amazon.de