Das potenzielle Unrechtsbewusstsein ist ein Prüfungspunkt der Schuld: die Fähigkeit zur Unrechtseinsicht.
Erklärung
Das potenzielle Unrechtsbewusstsein ist ein Element der Schuld. Der Täter muss wissen können, dass er mit seiner Handlung gegen das Recht verstößt.
Ein aktuelles Unrechtsbewusstsein ist für eine Strafbarkeit grundsätzlich nicht erforderlich. Denn schon das potenzielle Unrechtsbewusstsein schließt den Verbotsirrtum aus. Siehe § 17 Satz 1 StGB: … wenn er diesen Irrtum nicht vermeiden konnte.
Ähnlich wie die Indizwirkung des Tatbestands in Bezug auf die Rechtswidrigkeit gibt es eine Appellfunktion des Tatbestands in Bezug auf die Schuld:
Wer sich auf eine bestimmte Weise verhält, hat eine besondere Pflicht zu prüfen, ob sein Verhalten der Rechtsordnung entspricht.
Wer dies nicht tut, kann von einem Verbotsirrtum nicht profitieren.
Potenzielles Unrechtsbewusstsein und Verbotsirrtum Im Anschluss an die vorstehende Darstellung leuchtet ein, dass es bei der Diskussion der potenziellen Unrechtseinsicht nicht um die Maßstäbe des Vorhandenseins der Unrechtseinsicht geht, da die potenzielle Unrechtseinsicht per se die Leugnung der Existenz der Unrechtseinsicht darstellt, sondern um das Dilemma der Strafbegründung des vermeidbaren Verbotsirrtums: Bis zu welchem Grad ist dies Unkenntnis der Rechtsnorm von einem Rechtsstaat, einer Rechtsgemeinschaft hinzunehmen, und ab wann ist sie strafrechtlich vorwerfbar. Yu-Chuan Wang
→ Crashkurs Irrtum
→ Yu-Chuan Wang: Struktur und Gegenstand des Unrechtsbewusstseins → Christoph Roos: Die Vermeidbarkeit des Verbotsirrtums nach § 17 StGB im Spiegel der BGH-Rechtsprechung (2000) | Amazon #Anzeige
→ Arthur Kaufmann: Das Unrechtsbewusstsein in der Schuldlehre des Strafrechts (1985) | Amazon #Anzeige